Planetary Health Diet: Speiseplan für eine gesunde und nachhaltige Ernährung (2023)

Um alle Menschen dieser Erde bis zum Jahr 2050 nachhaltig und gesund zu ernähren, ist eine grundlegende Veränderung unserer Landwirtschaft und Ernährungsweise nötig. Das zeigt ein im Januar 2019 veröffentlichter Report der EAT-Lancet-Kommission. Der Kommission gehören 37 Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen und 16 Ländern an, darunter Klimaforscher und Ernährungswissenschaftler. Das Ziel der Forscher war es, eine wissenschaftliche Grundlage für einen Wandel des globalen Ernährungssystems zu schaffen. Herausgekommen ist dabei auch die „Planetary Health Diet“, ein Speiseplan, der die Gesundheit des Menschen und des Planeten gleichermaßen schützen könnte.

Der Speiseplan für die Zukunft

Die „Planetary Health Diet“ liefert einen allgemeingültigen Referenzrahmen für eine gesunde und umweltgerechte Ernährungsweise. Bezogen auf eine tägliche Energieaufnahme von 2.500 Kilokalorien sieht der Speiseplan der Zukunft folgendermaßen aus:

Lebensmittelgruppe Empfohlene Menge pro Tag in Gramm (in Klammern: mögliche Spannbreiten) Kalorienaufnahme pro Tag (in kcal)
Kohlenhydrate
Vollkorngetreide 232 811
Stärkehaltiges Gemüse (Kartoffeln, Maniok) 50 (0-100) 39
Gemüse 300 (200-600) 78
Obst 200 (100-300) 126
Proteinquellen
Rind-, Lamm- oder Schweinefleisch 14 (0-28) 30
Geflügel 29 (0-58) 62
Eier 13 (0-25) 19
Fisch 28 (0-100) 40
Hülsenfrüchte 75 (0-100) 284
Nüsse 50 (0-75) 291
Milchprodukte (Vollmilch oder aus dieser Menge hergestellte Produkte) 250 (0-500) 153
Fette
Ungesättigte Fette (Oliven-, Raps-, Sonnenblumen-, Soja-, Erdnuss-, Traubenkernöl 40 (20-80) 354
Gesättigte Fette (Palmöl, Schmalz, Talg) 11,8 (0-11,8) 96
Zugesetzter Zucker
Alle Süßungsmittel 31 (0-31) 120
Quelle: EAT-Lancet-Kommission

Zustande gekommen ist dieser Plan durch umfassende Literaturrecherchen, anerkannte Ernährungsempfehlungen und Ergebnisse der Gesundheitsforschung. Die daraus abgeleitete Ernährungsweise besteht größtenteils aus Obst und Gemüse, Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Nüssen und ungesättigten Fetten. Ergänzt wird der Speiseplan durch moderate Mengen an Fisch und Meeresfrüchten sowie Geflügel, während beispielsweise stärkereiche Gemüsearten wie Kartoffeln und Maniok, Milchprodukte, rotes Fleisch, Zucker und gesättigte Fette keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen sollen. In der obenstehenden Tabelle sind für viele Lebensmittel umwelt- und gesundheitsverträgliche Spannen (in Klammern) angegeben, um die „Planetary Health Diet“ flexibel und für jeden Menschen umsetzbar zu halten, für alle Ernährungsstile, kulturellen Traditionen und individuellen Vorlieben. Trotzdem ist das Ganze ein Modell. Für manche Regionen der Welt ist es kaum realisierbar und auch bei uns kann es nicht kurzfristig in die Praxis umgesetzt werden.

Ohne den festen Willen von Politik und Wirtschaft und zwar auf allen Ebenen, sagt Richard Horton, Chefredakteur von „The Lancet”, wird es wohl nicht gehen.

Flexitarier

Unsere Bloggerin Julia hat sich schlau gemacht, was Flexitarier eigentlich sind.

Sieht man genau hin, passt der Speiseplan perfekt für sogenannte „Flexitarier“, die nur ab und zu Fleisch essen. Wer sich zum Beispiel alle zwei Wochen ein kleines Steak gönnt, liegt noch im Rahmen der Empfehlungen. Die Forscher der EAT-Lancet-Kommission schätzen, dass die „Planetary Health Diet“ ungefähr 11 Millionen vorzeitige Todesfälle durch ernährungs(mit)bedingte Erkrankungen verhindern könnte.

Das kommt auf den Teller

Unsere Bilderstrecke zeigt, wie die Ernährung mit der „Planetary Health Diet“ im Laufe einer Woche aussehen könnte.

Nachhaltige Lebensmittelerzeugung der Zukunft


Parallel zu den Empfehlungen der „Planetary Health Diet“ als Referenzrahmen für eine ausgewogene und umweltgerechte Ernährung formulierte die EAT-Lancet-Kommission in ihrem Bericht wissenschaftliche Ziele, um die empfohlenen Lebensmittelmengen innerhalb der planetaren Grenzen produzieren zu können.

Es gibt sechs Faktoren, von denen unsere Ernährungsversorgung abhängt: Wasser, Land, biologische Vielfalt, Klima, Stickstoff und Phosphor. Für jeden Faktor schlagen die Wissenschaftler Grenzen vor, innerhalb derer die globale Lebensmittelproduktion in Zukunft agieren sollte.

Grenzwerte und Kontrollvariablen für die sechs Faktoren

KontrollvariableGrenzwerte (Unsicherheitsbereich)
KlimawandelTreibhausgasemissionen (CH4 und N2O)5 Gt Kohlendioxid-Äquivalent
pro Jahr (4,7 - 5,4)
StickstoffkreislaufStickstoffanwendung90 Tg Stickstoff pro Jahr (65-90)* / (90-13)+
PhosphorkreislaufPhosphoranwendung8 Tg Phosphor pro Jahr (6-12)* / (8-16)+
SüßwassernutzungWasserverbrauch2.500 km3 pro Jahr (1.000-4.000)
Verlust an BiodiversitätAussterberatezehn aussterbende Arten pro Million Arten-Jahre
Änderung der LandnutzungAnbauflächennutzung13 Millionen km2 (11-15)
* Unterer Grenzbereich, wenn keine verbesserten Produktionspraktiken und Umverteilung eingeführt werden.
+ Oberer Grenzbereich, wenn verbesserte Produktionspraktiken und Umverteilung eingeführt werden.
Quelle: EAT-Lancet-Kommission

Die notwendigen Veränderungen fasst Professor Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Co-Leiter der EAT-Lancet-Kommission folgendermaßen zusammen:

"Unsere Definition von nachhaltiger Lebensmittelproduktion setzt voraus, dass wir die Landnutzung nicht ausweiten, dass wir die existierende biologische Vielfalt erhalten, den Wasserverbrauch reduzieren und verantwortungsvoll mit Wasser umgehen, die Schadstoffbelastungen durch Stickstoff und Phosphor erheblich einschränken, die CO2-Emissionen auf Null senken und keine weitere Zunahme der Emissionen von Methan und Stickoxiden verursachen. Es gibt zwar kein Wundermittel, um schädliche Produktionspraktiken zu bekämpfen, aber indem ein sicherer Bereich für Ernährungssysteme definiert wird, kann eine Ernährungsweise identifiziert werden, die die menschliche Gesundheit und die ökologische Nachhaltigkeit fördert."

Ein neues Ernährungssystem zu entwickeln und durchzusetzen, sei eine gewaltige Aufgabe, sagt Rockström. Notwendig sei eine globale Revolution der Landwirtschaft.

Fünf Strategien für die globale Ernährungswende

Anhand von Modellberechnungen kamen die Wissenschaftler der EAT-Lancet-Kommission zu dem Ergebnis, dass die „Planetary Health Diet“ und die definierten Ziele für eine nachhaltige Lebensmittelerzeugung nur innerhalb der planetaren Grenzen bleiben, wenn gleichzeitig die Lebensmittelabfälle halbiert werden. Insgesamt haben die Forscher fünf sofort umsetzbare Strategien entwickelt, wie eine nachhaltige Ernährungswende gelingen könnte.

1. Gesündere Ernährung fördern

True Cost – Wahre Kosten

In unserem Artikel erfahren Sie, wie sich die wahren Kosten von Lebensmitteln berechnen lassen.

Die Menschen sollen zu einer gesünderen Ernährungsweise ermutigt werden. Dazu gehören eine verbesserte Verfügbarkeit und ein verbesserter Zugang zu gesunden Nahrungsmitteln, strengere Vorgaben für die Lebensmittelsicherheit und eine Politik, die den Einkauf aus nachhaltigen Quellen fördert. Neben Werbeeinschränkungen und Ernährungskampagnen ist auch die Erschwinglichkeit guter Lebensmittel entscheidend. Andererseits müssten sich die durch die Lebensmittelerzeugung verursachten Umweltkosten genauso in den Preisen widerspiegeln wie die Produktionskosten (siehe Linktipp). Daher müsste mit höheren Lebensmittelpreisen eine soziale Absicherung einhergehen, um sozial benachteiligte Menschen nicht zurückzulassen.

2. Qualität und Vielfalt statt Quantität in der Landwirtschaft

Der Fokus der Landwirtschaft sollte weg von hohen Erträgen hin zu einer Vielfalt an nährstoffreichen Nahrungsmitteln gelenkt werden. Statt wenige Kulturen zu fördern, von denen heute ein Großteil an Tiere verfüttert wird, sollte die globale Agrarpolitik Anreize für Erzeuger schaffen, um nahrhafte, pflanzenbasierte Lebensmittel zu produzieren. Außerdem schlägt die Kommission vor, Programme zur Unterstützung vielfältiger Produktionssysteme zu entwickeln und Forschungsvorhaben zu unterstützen, die die Qualität der Ernährung und die Nachhaltigkeit erhöhen.

3. Landwirtschaft nachhaltig intensivieren

Die Investition in die ökologische Landwirtschaft ist ein Schlüsselfaktor. Die Produktion müsste aber nicht nur nachhaltiger, sondern gleichzeitig produktiver werden. Zum Beispiel könnten Ernteerträge durch die Verwendung von trockenheitsresistenten Pflanzen und optimierter Bewässerung gesteigert werden. Die Bodenqualität könnte durch geeignete Anbaumethoden erhöht werden.

4. Strenge Vorgaben für die Nutzung von Land und Meer

Die Nutzung von Land und Meeren sollte streng reglementiert werden, um die natürlichen Ökosysteme zu erhalten und gleichzeitig die Lebensmittelversorgung zu sichern. Als Maßnahmen schlägt die EAT-Lancet-Kommission zum Beispiel vor, intakte natürliche Landflächen zu schützen, Rodungen zu verbieten und degradiertes Land wieder fruchtbar zu machen. Außerdem sollten 10 Prozent der Meeresfläche für die Fischerei gesperrt werden und Aquakulturen langsam wachsen.

5. Lebensmittelabfälle halbieren

Lebensmittelverschwendung

In unserem Artikel stellen wir die Plattformen www.lebensmittelwertschätzen.de und www.zugutfuerdietonne.de vor.

Die Mehrheit der Lebensmittelverluste geschieht in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen während der Lebensmittelproduktion. Die Gründe: schlechte Ernteplanung, fehlender Zugang zum Markt und fehlende Infrastrukturen, um Lebensmittel zu lagern und zu verarbeiten. Eine erhöhte Investition in Technologien und in die Ausbildung von Landwirten wären hier notwendige Maßnahmen. Dagegen ist Lebensmittelverschwendung in Ländern mit hohem Einkommen ein Thema, wo sie in erster Linie durch den Handel und die Verbraucher*innen verursacht wird. Empfohlen werden Maßnahmen der Verbraucher*nnenbildung, zum Beispiel um die Einkaufsgewohnheiten zu ändern oder den Unterschied zwischen Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchsdatum zu erklären. Auch das Know-how zur Lagerung und Zubereitung von Lebensmitteln sowie zu Portionsgrößen und zur Verwendung von Resten muss vermittelt werden.

Vorschläge als Handlungsrahmen für alle Länder

Nimmt man einzelne Forschungsergebnisse für sich, sind die Erkenntnisse der EAT-Lancet-Kommission nicht unbedingt neu. Das wirklich Neue ist aber, dass die Gesundheit des Menschen und der Umwelt einen gemeinsamen Maßstab bilden. Die von der Kommission entwickelten wissenschaftlichen Ziele für eine gesunde, nachhaltige Ernährung können eine wichtige Grundlage sein, um einen globalen Ernährungswandel voranzutreiben. Die daraus abgeleiteten Strategien bieten einen universellen Handlungsrahmen für alle Länder der Erde. Akteure auf allen Ebenen – Politik, Wirtschaft, Landwirtschaft und Verbraucher, global, national und regional – müssen konkrete Maßnahmen umsetzen, die dazu beizutragen, dass im Jahr 2050 etwa 10 Milliarden Menschen gesund ernährt werden können, ohne den Planeten zu zerstören.

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Author: Velia Krajcik

Last Updated: 04/24/2023

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